Faseroberfläche nach Präparation mit Monomerenlösung: Deutlich zu erkennen - die "Anker"
ITCF

Neue Oberflächenmodifizierung von Carbonfasern für den Einsatz in Faserverbundwerkstoffen

Die Situation

Faserverbundwerkstoffe haben sich in den letzten Jahren aufgrund ihrer hervorragenden mechanischen Eigenschaften wie außergewöhnliche Festigkeit, besondere Zähigkeit sowie ihres großen Leichtbaupotentials in führenden industriellen Bereichen behauptet. Als Folge dessen wächst der CFK-Markt mit Blick auf Windkraftanlagen und die Luftfahrt jährlich um geschätzte 13 Prozent. 2012 wurden weltweit 65.000 Tonnen abgesetzt. Führende Industrieländer arbeiten gegenwärtig vor allem auch im Interesse des Automobilbaus daran, das immer noch hohe Preisniveau der Carbonfaserverbundwerkstoffe zu reduzieren.

Das Projekt

An entsprechenden Forschungen beteiligt sich auch das ITCF in Denkendorf. Die besonderen Festigkeiten dieser Werkstoffgruppe leiten sich zum einen aus den mechanischen Eigenschaften der Carbonfasern selbst, zum anderen aus ihrer Wechselwirkung mit der umgebenden Matrix, beispielsweise einem Epoxidharz, ab. Dieses Zusammenspiel garantiert, dass ein Werkstück optimal Kräften standhalten kann, die von außen einwirken. Doch nicht immer ist die Haftung der Carbonfasern an die Matrix gut genug.

Lösen sich die Faseroberflächen bei Krafteinwirkung von dem Epoxidharz ab, hat das meist fatale Folgen. Die Kraftaufnahme konzentriert sich nur noch auf die Fasern und es kann zum Materialversagen kommen: Das Werkstück bricht.

Eine gängige Methode, die so wichtige Faser-Matrix-Haftung zu verbessern, ist die gezielte chemische Behandlung der Fasern. Dabei wird die Faseroberfläche oxidativ angegriffen. Dort entstehen funktionelle chemische Gruppen, die zwar die Faser-Matrix-Haftung verbessern. Doch die Festigkeit der Fasern selbst wird herabgesetzt. Denn deren Oberfläche ist regelrecht angeraut, die Struktur der Faser geschädigt. Im Rahmen eines IGF-Projekts wurde am ITCF ein anderer Weg beschritten, um die Haftung der Carbonfaser an der Epoxidmatrix zu erhöhen. In einem komplexen chemischen Vorgang wurden deshalb Polymerketten auf die Oberflächen der Fasern "aufgepropft".

Dabei binden sich Polymere an funktionelle Gruppen der Carbonfasern und polymerisieren dort aus. Das heißt, sie wachsen auf der Faseroberfläche zu immer größeren polymeren Ketten und bilden dreidimensionale Strukturen. Wie kleine Anker ragen diese dann in das Epoxidharz und verbessern damit ohne Einbuße der ursprünglichen Faserstabilität die Faser-Matrix-Haftung entscheidend.

Das Verfahren der chemischen Oberflächenmodifikation ist einfach und umstandslos in die industrielle Produktion zu transferieren: Die Fasern werden mit einer Flüssigkeit (Monomerenlösung) präpariert und anschließend einer Temperaturbehandlung unterzogen. Darauf folgt ein Wasch- und Trocknungsvorgang. Nach der neuen Methode wurden bereits erste Prüfkörper hergestellt und erfolgreich auf ihre mechanischen Eigenschaften getestet. Die Zugfestigkeiten stiegen gegenüber solchen Verbundwerkstoffen mit herkömmlich behandelten Fasern um 15 Prozent, das Elastizitätsmodul um 6 Prozent. Den größten Einfluss hatte die Behandlung auf die interlaminare Scherfestigkeit, die sich um 20 Prozent verbesserte.

Der Nutzen für den Mittelstand

Durch die Ergebnisse können kleine und mittlere Unternehmen die Faserpreforms oder CFK herstellen, der gesteigerten Nachfrage nach verbesserten und gleichzeitig preisgünstigen Faserverbundbauteilen aus den boomenden Technologiefeldern entsprechen und sich hierdurch Wettbewerbsvorteile sichern. Zudem eröffnen die Ergebnisse bei denen die Monomerlösungen als Reaktivschlichten aufgetragen werden, Herstellern von Spezialchemikalien und Textilhilfsmitteln neue Märkte im Bereich der Hochleistungsfasern und Faserverbundwerkstoffe.

Ansprechpartner

Elisabeth Giebel
elisabeth.giebel@itcf.de
+49 711 9340 102

Fördergeber

Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" 16934 N.